Golßen, den 3. August 2023
Am 24. Juli 2023 fasste die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Golßen mehrheitlich den Beschluss zur Ausgliederung der Stadt Golßen aus dem Amt Unterspreewald durch Kündigung des öffentlich-rechtlichen Vertrages aus dem Jahr 2012. Antenne Brandenburg berichtete am 24. Juli, der RBB berichtete am 25. Juli, die Zeitungen schwiegen bisher.
Das Amt Unterspreewald ist im ganzen Land Brandenburg das einzige mit zehn amtsangehörigen Gemeinden – und darin liegt das Problem.
Die Leistungsfähigkeit einer Amtsverwaltung ist bei vier Gemeinden ausgeschöpft. Auch dann fallen immer noch alle wesentlichen Aufgaben einer Gemeinde, wie die Haushaltsaufstellung, der Jahresabschluss, die Bauleitplanung, die Betreuung der Gemeindevertretung, etc. fünfmal so oft an, wie in einer selbstverwalteten Gemeinde, die durch die Amtsverwaltung organisiert, erstellt und bezahlt werden müssen.
Dieser zehnfache Mehraufwand bei zehn amtsangehörigen Gemeinden wird über die Amtsumlage finanziert. Für die Stadt Golßen, welche eine der fünf einnahmestärksten Gemeinden im Landkreis Dahme-Spreewald ist, wurde inzwischen mehrfach durch den Landkreis prognostiziert, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit in den nächsten fünf Jahren nicht mehr gegeben sein wird – trotz der sehr hohen Einnahmen. Es ist quasi fünf vor zwölf, um dieses abzuwenden. Die größte finanzielle Belastung für die Stadt Golßen ist dabei die Amtsumlage. Die Stadt Golßen finanziert allein 40 Prozent der gesamten Einnahmen des Amtes.
In der Stadt Golßen, dem Amtssitz des Amtes Unterspreewald, steht inzwischen alles still, das Rathaus wird leergezogen, lange geplante Projekte für unsere Kinder werden nicht umgesetzt, trotz wachsendem Gewerbestandort wird die Wohnraumbebauung und -entwicklung nicht vorangetrieben. Das Amt investiert aus der Amtsumlage, aber nicht in Golßen!
Andere Möglichkeiten, das Amt effektiver zu gestalten, zum Beispiel durch die Verringerung der Anzahl der amtsangehörigen Gemeinden mit freiwilligen Zusammenschlüssen wurden von der UBL-Golßen vorgeschlagen, in den vergangenen zwei Jahren aber einfach belächelt und ignoriert – trotz fehlender Haushalte, trotz Haushaltsperren, zuletzt sogar für den Amtshaushalt.
Es bleibt für die Stadt Golßen nur der Weg in die Selbstverwaltung entsprechend der grundgesetzlich verankerten Garantie gemäß Art. 28 GG.
Der nächste Schritt nach der Beschlussfassung wäre die Prüfung dieser Möglichkeit durch das Innenministerium in Potsdam, selbstverständlich auch mit Blick auf die Möglichkeiten zum Erhalt des Amtes Unterspreewald.
Anstatt nun diese Entscheidung durch das zuständige Ministerium in Potsdam herbeizuführen, missbraucht der Amtsdirektor das Beanstandungsrecht nach § 55 der brandenburgischen Kommunalverfassung, um diese Prüfung zu blockieren.
Dabei schiebt der Amtsdirektor Gründe für die angebliche Rechtswidrigkeit des Beschlusses vor, die eigentlich in seine Umsetzungspflicht fallen – er hat die Pflicht, unserem Auftrag nachzukommen, und den Willen der Stadtverordneten zu respektieren.
Es ist nicht sein Recht, die Prüfungsbefugnis des Ministeriums an sich zu ziehen oder sie vorwegzunehmen.
Der Amtsdirektor verwehrt der Stadt Golßen mit der Beanstandung das Recht auf Selbstverwaltung nach Art. 28 GG, er verwehrt der Stadt Golßen das Recht auf Prüfung einer gesunden Option für eine wirtschaftliche und sparsame Verwaltung. Allein die finanzielle Situation des gesamten Amtes erfordert endlich eine rechtlich versierte Überprüfung und Einschätzung durch die Landesregierung.
Es drängt sich die Frage auf, welche persönlichen Motive den Amtsdirektor Marco Kehling leiten.
Die Kündigung des öffentlich-rechtlichen Vertrages durch die Stadt Golßen gefährdet weder seinen Posten als Amtsdirektor noch das Amt Unterspreewald in seinen bestehenden Strukturen. Auch wenn die größte Gemeinde mit dem höchsten Anteil an Amtsumlage wegfällt, so geht damit ja auch der größte Anteil an Verwaltungsaufwand.
Wir appellieren an Herrn Kehling:
Nehmen Sie unseren Antrag endlich ernst und sehen Sie ihn als Chance für eine Neuausrichtung des Amtes Unterspreewald. Sie müssen doch nach über einem Jahr im Amt erkennen, dass es in den bestehenden Strukturen nicht mehr lange funktionieren kann. Selbst langjährige Mitarbeiter in führenden Positionen sehen keinen anderen Ausweg mehr, als sich eine neue berufliche Perspektive zu suchen und haben bereits gekündigt. Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Kündigungen zum nächsten Quartalsende weiter zunimmt.
Nehmen Sie unseren Antrag als Chance, das Ministerium die verbleibenden Optionen für die Stadt Golßen UND das Amt Unterspreewald prüfen zu lassen. Ihre mangelnde Umsetzungskompetenz des Beschlusses seit April 2023 als Beanstandungsgrund zu missbrauchen, kann doch keine Lösung auf Dauer sein und wird auch vor Gericht aus unserer Sicht keinen Bestand haben.
Wie stellen Sie sich unter diesen Voraussetzungen die künftige Zusammenarbeit mit der Stadt Golßen vor?
Ein „Weiter so“, ein weiteres finanzielles Aderlassen der Stadt Golßen bis zum letzten Tropfen wird es mit uns nicht geben.